Einleitung

Um Thomas Müntzer und jene verstehen zu können, die seine Anhänger wurden, für die er kämpfte, sein Leben einsetzte und es letztendlich opferte, muß man zunächst das 15. und 16. Jahrhundert als zwei Jahrhunderte mit großen Veränderungen begreifen lernen.

Zurückblickend auf diese Zeit, inzwischen sind über 500 Jahre vergangen, sind uns zwei Ereignisse besonders im Gedächtnis haften geblieben:

Zum einen die Entdeckung Amerikas und die Entdeckung des Seewegs nach Indien. Denn diese waren ja für die damalige Zeit äußerst spektakuläre Ereignisse. Zumal als Folge die Spanier und Portugiesen gewaltige überseeische Besitzungen gründen konnten, die bis hin in die jüngste Vergangenheit bestanden.

Diese großartigen geographischen Entdeckungen haben jedoch in Deutschland nur langsam und allmählich gewirkt. Zumindest war dies der Fall in dem wirtschaftlichen Raum zwischen dem Harz, dem Erzgebirge und dem Thüringer Wald, der Heimat Thomas Müntzers und Martin Luthers.

Denn hier hatte die neue Blüte des Silberbergbaus das Leben der Menschen seit dem Jahre 1470 mehr als nachhaltig bestimmt.

Zum anderen ist uns eine andere Entdeckung, besser gesagt eine Erfindung, im Gedächtnis haften geblieben: Die Erfindung des Buchdrucks.

Genaugenommen war zwar die neue Buchdrucktechnik als solche bereits bekannt, doch völlig neu war der Druck mit beweglichen Lettern.

Neben dem Bergbau, dem Hüttenwesen und dem Metallhandel blühte diese Erfindung machtvoll auf und verbreitete sich in Windeseile über ganz Europa.

Bis zum Jahre 1500 gab es in den meisten Ländern Europas eine Vielzahl von Buchdruckereien, die die Grundvoraussetzungen für das Wiederaufblühen wissenschaftlicher Bildung wurden.

Der Buchdruck schuf eine bisher ungeahnte Ausbreitung alter und neuer Literatur, wissenschaftlicher Werke, insbesondere in lateinischer Sprache, Schulbücher, kirchlicher Werke, aber auch von Ablaßformularen und Unterhaltungsliteratur.

Einige Zahlen mögen dies verdeutlichen:

30.000 bis 35.000 verschiedene Exemplare von Drucken aus den Jahren zwischen 1450 und 1500 sind uns erhalten geblieben, sie repräsentieren ungefähr 10.000 bis 15.000 verschiedene Texte. Wenn man die verlorengegangenen Druckwerke noch hinzurechnet, dürfte die tatsächliche Zahl recht eindrucksvoll sein.

Bedenken muß man bei diesen Zahlen, daß Europa damals weniger stark bevölkert war. Bedenken muß man aber auch bei der Bewertung dieser Zahlen, daß nur ein Teil der Bevölkerung des Lesens mächtig war.